Die lokale Wochenzeitung «Schaffhauser az» erhebt schwere Vorwürfe gegen den Kommandanten der Schaffhauser Polizei. Es bestehe der Verdacht auf Vetternwirtschaft. Zudem gäbe es Rechtsstreitigkeiten mit mehreren ehemaligen Angestellten und auch ihr Budget soll die Polizei nicht mehr im Griff haben. Der Adressat der Kritik ist Kommandandt Kurt Blöchlinger – kein unbeschriebenes Blatt.
Die Vorwürfe, welche die «Schaffhauser az» gegen Blöchlinger äussert, sind nicht neu. Schweizweit bekannt wurde Blöchlinger im Frühling 2009. Damals noch als Chef der Bundeskriminalpolizei. Die «Weltwoche» berichtete, bei der Bundeskriminalpolizei herrsche ein Betriebsklima, das geprägt sei von Misstrauen, Frustration, Beziehungsfilz und Intrigen.
Wenige Monate nach der Veröffentlichung dieses Artikels wechselte Blöchlinger zur Schaffhauser Polizei. Über mehrere Monate recherchierte die «Schaffhauser az» und sprach mit Insidern, die sagen: «Was damals in Bern geschah, geschieht jetzt in Schaffhausen.»
Konkret berichten die Insider, dass Blöchlinger Mandate an Personen aus seinem nächsten Umfeld vergebe. Geschehen sei dies im Fall seiner ehemaligen Lebenspartnerin. Sie führte für ihn psychologische Tests bei Angestellten durch, die sich für eine höhere Stelle bewerben wollten. Laut der Schaffhauser Lokalzeitung hat Blöchlinger bereits bei seiner Tätigkeit bei der Bundeskriminalpolizei seiner damaligen Lebenspartnerin Aufträge verschafft. Brisant ist auch der Vorwurf, dass Blöchlinger diese psychologischen Tests missbraucht haben soll, um sich von den Personen, die ihm nicht genehm waren, zu entledigen.
Weiter soll auch ein guter Jasskolleg von Blöchlinger Aufträge der Schaffhauser Polizei erhalten haben. Laut Insidern habe dieser einen «Bericht zur Überprüfung von Abläufen und Strukturen» verfasst und eine «Zukunftswerkstatt» mit dem Korps durchgeführt. Ausserdem war er Projektleiter in der Testplanung des neuen Polizei- und Sicherheitszentrums Herblingertal.
Zu den Vorwürfen der «Schaffhauser az» äussert sich Kommandant Blöchlinger selbst nicht. Die zuständige Regierungsrätin Rosmarie Widmer Gysel (SVP) weist jegliche Kritik weit von sich: Die Assessments, welche die «Schaffhauser az» in ihrem Artikel anspreche, werde im Mandatsverhältnis durchgeführt. Die Zusammenarbeit beruhe einzig auf Leistungen, die sehr gut seien. «Die entsprechende Firma arbeitet deshalb nicht nur für die Schaffhauser Polizei, sondern ist auch schon für andere Dienststellen tätig gewesen», sagt Gysel. Die Verbindung des Kommandanten zu der Beteiligten des Auftragnehmers sei dem Departement von Beginn weg transparent aufgezeigt worden. Die Lokalzeitung schreibt jedoch, dass im Gegensatz zum Departement viele Angestellte der Polizei nichts von der Beziehung zwischen dem Kommandanten und der beauftragten externen Fachfrau wussten.
Nicht nur bei der Mandatsvergabe, auch bei den Finanzen soll der Kommandant Blöchlinger nach Belieben mit den Zahlen jongliert haben. So seien die Polizeikosten unter Blöchlinger stetig angewachsen. Insider sagen, er habe den Stab unnötig ausgebaut und einen «Wasserkopf» gebildet. Die dafür nötigen Ressourcen würden an anderen Orten fehlen, beispielsweise bei den Patrouillen. Regierungsrätin Gysel würde allen Extrawünschen nachkommen. Die Polizei sei ihr «Lieblingskind».
Gysel verteidigt sich: «Der Schaffhauser Polizei wurde von der Finanzkontrolle im letzten Jahr ein sehr gutes Zeugnis für Buchführung, Projektführung und Steuerungsinstrumente ausgestellt.»
Glaubt man den Insidern, herrscht bei der Schaffhauser Polizei ein Klima des Misstrauens. Schon als Blöchlinger bei der Bundeskriminalpolizei in Bern war, gaben laut «Weltwoche» fast die Hälfte der Mitarbeiter an, dass es zu Mobbing komme, das Klima schlecht sei und Stellen unfair besetzt würden. Ein Indiz für die schlechte Stimmung in Schaffhausen ist auch, dass sich die Polizei mit mehreren ehemaligen Angestellten im Rechtsstreit befindet. Doch im Regierungsrat sieht man diese Probleme nicht. Gysel sagt: «Für eine allgemeine Unzufriedenheit oder Missstimmung bei der Schaffhauser Polizei gibt es überhaupt keine Anzeichen.»
Die «Schaffhauser az» konkludiert, es bleibe vieles unklar, was bei der Polizei hinter den Kulissen ablaufe. Die Aussagen der Insider und jene der Regierungsrätin würden sich fundamental widersprechen. Trotz der schwerwiegenden Vorwürfen bleibt Gysel dabei: «Die Polizei leistet eine sehr gute Arbeit zu Gunsten unserer Bevölkerung.»
Im Übrigen hat der Regierungsrat den Kommandanten Blöchlinger aufgrund seiner ausgezeichneten Leistungen per 1.1.2017 zum Oberstleutnant befördert. (sar)